Mit dieser Anleitung zur Nachtfotografie gelingt der Einstieg in ein interessantes Genre der Fotografie. Der Gegensatz von dunkel und hell fasziniert den Betrachter. Einige wichtige Tipps und Tricks sowie Einstellungen für die Kamera helfen dem Anfänger beim Start, um gelungene Nachtaufnahmen hinzubekommen.
Anleitung zur Nachtfotografie – allgemeines
Die Nachtfotografie ist für viele Fotografen – auch für mich – sehr reizvoll. Das liegt unter anderem daran, dass sich die sonst oft alltäglichen und gewöhnlich wirkenden Motive und Szenen in der Dämmerung oder in der Nacht ganz anders zeigen als man das erwarten würde.
Auf der anderen Seite ist es bei der Nachtfotografie unerlässlich, einige Vorbereitungen zu treffen und auch Ausrüstungsgegenstände bei sich zu haben, damit die Fotos am Ende tatsächlich gelingen – und zwar sowohl technisch als auch vom inhaltlichen Gestaltungsaspekt.
Fotoausrüstung für Nachtfotografie
Die Nachtfotografie erfordert einige wenige, aber unerlässliche Ausrüstungsgegenstände, um zu gelingen. Die gute Nachricht vorab: Es ist heutzutage mit nahezu allen Kameras (ob teuer oder günstig) möglich, gute Nachtaufnahmen zu fotografieren.
Unerlässlich: Ein Stativ
Für die Nachtfotografie ist ein Stativ einfach unerlässlich. Dies liegt natürlich an den langen Belichtungszeiten der Kamera, die auf Grund der Lichtverhältnisse notwendig sind. Scott Kelby sagte es einmal so:
„Es gibt zwei Arten von Stativen: Die, die man leicht herumtragen kann und die guten.“
Ich selbst halte es da pragmatisch: Ich habe beide Arten von Stativ im Einsatz. Auf der einen Seite nutze ich für leichtes Gepäck (z.B. auf Reisen) ein Joby GorillaPod SLR Stativ, welches ein sehr kleines Packmaß hat und zudem sehr leicht ist. Trotzdem hat es genügend Kraft, auch eine ausgewachsene DSLR zu tragen. Ein idealer Begleiter, wenn ich beispielsweise geschäftlich unterwegs bin und nicht die ganze Ausrüstung mitnehmen kann oder möchte. Das Joby gehört mittlerweile für mich zur Standardausstattung wenn ich mir noch nicht sicher bin, ob ich ein Stativ benötige.
Anders sieht die Sache aus, wenn ich ganz sicher eine Fotosession für Nachtfotografie durchführen werde. Dann greife ich auf mein schweres Bilora-Stativ zurück, welches standsicher auf nahezu jedem Untergrund steht.
Der richtige Stativkopf
Letztlich ist es eine Frage des Geschmacks: Kugeklopf oder Drei-Wege-Neiger? Ich persönlich bevorzuge den Kugelkopf, z.B. von Manfrotto. Dieser lässt sich schnell und ohne große Übung in die richtige Position bringen. Bei Landschaftsaufnahmen oder Fotos von beleuchteter Architektur sollte man über eine Wasserwaage einen ausgerichteten Horizont anstreben. Das gelingt entweder mit einer in den Kugelkopf integrierten Wasserwaage oder über eine elektronische Wasserwaage in der Kamera. Letzteres ist bei meiner Pentax K5-II der Fall.
Fernauslöser für erschütterungsfreies Fotografieren
Neben einem Stativ empfiehlt es sich, einen Fernauslöser mit dabei zu haben. Ob es dabei ein Kabelauslöser oder ein Funkmodell ist, ist eher nebensächlich. Der Fernauslöser ermöglicht nämlich ein erschütterungsfreies Auslösen der Kamera. Ansonsten würde mit dem Druck auf den Auslöser die Kamera leicht verwackeln. Sofern die eigene Kamera nicht über die entsprechende Anschlussmöglichkeiten für einen Fernauslöser verfügt, kann man alternativ den Selbstauslöser mit entsprechender Auslöseverzögerung verwenden. In der Zeit der Auslöseverzögerung kommt die Kamera dann wieder zur Ruhe und das Foto gelingt ebenfalls.
Ausreichend Strom
Wer nachts fotografieren möchte, sollte an ausreichend Strom denken. Durch die langen Belichtungszeiten wird der Akku der Kamera deutlich stärker belastet als bei einer normalen Auslösung, die nur wenige Sekundenbruchteile dauert. Dieses Problem kann sich in der kalten Jahreszeit nochmals verschärfen. Ich selbst habe es schon erlebt, dass ich während einer kalten November-Session zwei Akkusätze innerhalb von drei Stunden durchgebracht habe. Kleiner Tipp am Rande: Auch wenn die Kamera den Akku vielleicht noch als „voll“ anzeigt, kann das trügen. Bei kalter Witterung kann die Akku-Anzeige von jetzt auf gleich auf „leer“ schalten. Im Zweifel würde ich also immer das Ladegerät vorher noch einmal anschließen.
Hilfreich: Licht und warme Bekleidung
Nachts in der Ausrüstungstasche herumzusuchen ist mühsam, wenn man keine Beleuchtung hat. Daher kann ich empfehlen, z.B. eine Stirnlampe zu nutzen. Dann findet man sich auch in unwegsamen Gelände bei Ortswechseln gut zurecht. Was man außerdem nicht unterschätzen sollte ist die fallende Temperatur in der Nacht. Mag es beispielsweise an einem schönen Frühherbsttag tagsüber noch einigermaßen warm sein, kann es nachts schon richtig kalt werden. Daher kann ich zu warmer Kleidung raten.
Kameraeinstellungen für Nachtfotografie
Die Kameraeinstellungen für die Nachtfotografie sind ähnlich der für das Fotografieren von Sonnenuntergängen. Wichtig ist es, sich schon vor der Session mit den Funktionen der eigenen Kamera vertraut zu machen, damit man nicht erst beim Fotografieren anfängt, die einzelnen Einstellungen zu suchen.
ISO-Einstellungen für die Nachtfotografie
Als erstes gilt es, die ISO-Einstellung der Kamera manuell auf einen niedrigen, rauscharmen Wert zu stellen. Für das Fotografieren in der Dunkelheit habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein ISO-Wert von 200 bis 400 sehr gute Ergebnisse liefert. Moderne Kamerasensoren kommen mit diesen ISO-Werten auch sehr gut klar. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann natürlich auch ISO 100 einstellen – allerdings führt das dazu, dass ggf. die berechnete Belichtungszeit über 30 Sekunden geht, was wiederum BULK-Modus auf der Kamera bedeutet – doch dazu später mehr. Höhere ISO-Werte sind meines Erachtens eher von Nachteil, weil man dann ein Rauschen auf das Foto bekommt, welches grundsätzlich unnötig ist. Kurze Belichtungszeiten aus der Hand wird man sowieso nicht erzielen können und ob die Kamera nun 10 oder 20 Sekunden belichtet, ist eher unerheblich.
Blendenvorwahl einstellen (AV-Programm)
Die Blendenvorwahl ist ein für die Nachtfotografie wichtiges Programm. Und das aus zweierlei Gründen:
- Im Automatik-Modus der Kamera wählt die Kamera immer eine Blende, die eine kurze Belichtungszeit ermöglicht. Das kann mitunter eine Offenblende von f/2,8 sein. Der Gewinn bei der Belichtungszeit ist zu vernachlässigen, allerdings geht bei großer Offenblende die Tiefenschärfe verloren.
- Die Festlegung der Blende ermöglicht bei Straßenbeleuchtung schöne Sterneffekte (siehe oben beim Foto der Semperoper), wenn man denn eine Blende nimmt, die klein genug ist (z.B. f/11 oder höher).
Für DSLR: Spiegelvorauslösung einstellen
Ein echter Profitipp ist die Einstellung der Spiegelvorauslösung bei Spiegelreflexkameras. Kurz vor der eigentlichen Auslösung wird der Spiegel hochgeklappt und erst dann wird kurze Zeit später belichtet. Das ist das letzte Quentchen an erschütterungsfreier Auslösung, wer absolut auf Nummer sicher gehen möchte.
Im RAW-Format fotografieren
Ich kann es nicht oft genug betonen: Wer die Möglichkeit hat, sollte seine Nachtfotos im RAW-Format fotografieren. Diese verlustfreie Speicherung der Bilddaten ermöglicht einem später bei der Nachbearbeitung der Fotos deutlich mehr Möglichkeiten, als wenn man direkt im JPG-Format speichert.
Mittlerweile bieten auch einige Smartphones, wie das iPhone 12 Pro, die Möglichkeit, in RAW zu fotografieren. Die Unterschiede sind trotz sehr guter Bildbearbeitung per Software deutlich zu sehen, wie ein Test zeigt.
Verwacklungsschutz ausstellen
Wenn ein Stativ verwendet wird, sollte man unbedingt den kamera-eigenen Verwacklungsschutz ausstellen. Ansonsten führt das möglicherweise zu schlechteren Ergebnissen.
Weitere Tipps für die Nachtfotografie
Eine gute Anleitung zur Nachtfotografie sollte sich meiner Meinung nach nicht nur auf die Ausrüstung beschränken. Auch organisatorische Tipps möchte ich geben, damit die Fotosession zu einem Erfolg wird.
Ortskenntnisse erwerben
Ich kann nur dringend empfehlen, die Orte, die man nachts fotografieren möchte schon tagsüber zu besuchen und auch erste Probeaufnahmen zu machen. Das gibt entsprechende Sicherheit in der Dunkelheit. Auf diese Weise stellt man sicher, dass man z.B. die Blaue Stunde nicht verpasst, weil man auf der Suche nach dem besten Platz ist. Die Ortskenntnisse helfen übrigens auch dann, wenn ein Platz sehr begehrt ist. Auf dem Foto unten zur Selliner Seebrücke war ich ca. 45 Minuten vor offiziellem Sonnenaufgang vor Ort und konnte mir so den besten Platz sichern. 🙂
Wetterdaten beobachten
Bei längeren Touren (wie z.B. zum Leuchtturm Westerhever) plane ich im Voraus. Ich schaue mir die Wetterdaten hinsichtlich Bewölkung und Temperaturen an. Wenn es z.B. so überhaupt nicht passt, weil es regnen soll oder die Bewölkung nur flaue Fotos ermöglichen würde, dann schaue ich mir lieber einen anderen Tag aus, um zu fotografieren.
Nachdem ich die Fotos „im Kasten“ habe, geht es für mich an die Nachbearbeitung der Nachtaufnahmen. Welche Einstellungen ich dabei vornehme, zeige ich in meinem Artikel „Nachbearbeitung von Nachtfotos„.