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Eli Pariser: The Filter Bubble und deren Gefahren

The Filter Bubble – Darstellung von Eli Pariser in sein TED Talk 2011. Die Informationen außerhalb der durch Algorithmen bestimmten Blase erreichen uns kaum.

Eli Pariser beschreibt in seinem Buch „The Filter Bubble – What the Internet is hiding from you“ die Folgen von personalisierten News-Feeds, Facebook-Nachrichten und Google-Ergebnisseiten. Was zunächst als für den Nutzer sehr komfortabel erscheinen mag, birgt auf den zweiten Blick große Gefahren für die öffentliche Meinungsbildung.

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Algorithmen filtern und personalisieren das Internet

Täglich kommen Millionen von Informationen zu allen möglichen Themen neu ins Internet. In Form von Nachrichten, Videos, Blogbeiträgen, Produkten etc. Für jeden einzelnen Nutzer wird es dadurch immer schwieriger, die für ihn relevanten Beiträge zu identifizieren bzw. zu filtern. Unternehmen wie Amazon, Google oder Facebook haben aus diesem Gründe schon früh erkannt, dass die Anbieter im Vorteil sind, die den Nutzern die für die Person am passendsten Angebote machen können. Das Stichwort heißt hierbei „Relevanz“. Wer die relevantesten Produktempfehlungen, Suchergebnisse oder Nachrichten bietet, verdient am Ende auch das Geld der Nutzer bzw. das der Werbeindustrie, die für maßgeschneiderte Werbung viel Geld zu zahlen bereit ist.

Die Mechanik ist schnell erklärt, der Algorithmus dahinter jedoch komplex und nicht transparent: Google speichert über eine Vielzahl sog. Signale die Suchinteressen von Einzelpersonen – auch wenn diese gar kein Google Konto besitzen. Google nennt dies „personalisierte Suche“. Das Ergebnis ist eine an den Nutzer angepaßte Suchergebnisseite mit den vermeintlich relevantesten Einträgen für diese Person. Was „relevant“ ist, entscheidet die Suchmaschine anhand der individuellen Klickhistorie.

Ähnlich bei dem größten sozialen Netzwerk der Welt, Facebook. Eli Pariser, TED Speaker, schreibt in seinem Buch The Filter Bubble: What the Internet Is Hiding from You u.a. über Erfahrungen des (Aus)-Filterns von Beiträgen aus dem Friend-Stream von Facebook, die offenbar von ihm nicht so häufig geklickt oder kommentiert wurden.

So funktioniert die „Filter Bubble“ von Facebook, Google & Co.

Google als auch Facebook (sowie viele andere Sites wie Yahoo, Amazon etc.) argumentieren, dass der von ihnen eingesetzte Algorithmus die für den jeweiligen Nutzer relevantesten Ergebnisse, Beiträge, News darstellt und dies ein großer Nutzen für die Konsumenten darstellen würde . Schließlich müsse man sich nicht mit vermeintlich unerheblichen Einträgen rumärgern. Die Filter-Arbeit übernimmt also der Anbieter und nicht mehr der Mensch selbst. Bei einer Vielzahl von Informationen, die tagtäglich auf einen über das Internet einprasseln, erscheinen solche Relevanz-Filter doch sehr verlockend… Keiner könne schließlich manuell aus der Vielzahl an Angeboten in überschaubarer Zeit die „richtigen“ Informationen selbst zusammenklicken.

Automatische Algorithmen bestimmen, was jeder Einzelne sieht

Damit diese Algorithmen funktionieren und für jeden Nutzer das vermeintlich relevanteste Ergebnis präsentieren, greifen die Unternehmen bei der Auswertung auf eine Vielzahl persönlicher und personenbezogener Daten zurück. Und das permanent. Dabei gibt es neben den genannten Anbietern eine Vielzahl von Unternehmen, deren Namen man wahrscheinlich noch nie gehört hat, die aber sehr große Datensammlungen über Internetnutzer anlegen. Darunter z.B. Acxiom, ein Unternehmen, welches sich auf das Sammeln großer Datenmengen über Personen spezialisiert hat und sehr detaillierte Informationen über 96% der amerikanischen Haushalte hat (Quelle: Eli Pariser, The Filter Bubble, Seite 43). Axciom ist auch in Deutschland tätig.

The filter bubble als Gefahr für Suchmaschinen-Optimierung (SEO)

Als Google Ende 2009 die personalisierten Suchergebnisse flächendeckend einsetzte, haben sich insbesondere die Suchmaschinen-Optimierer (SEO) zu diesem Thema Gedanken gemacht und sich gefragt, wie man denn eine Seite dauerhaft und für alle Nutzer in Top-Positionen bringen kann. Vor allem vor dem Hintergrund der SEO Geschäftsmodelle, nach erreichter Position bezahlt zu werden, war dies eine existentielle Frage.

The Filter Bubble und die gesellschaftlichen Folgen

Gesellschaftlich wurde dieses Thema jedoch zunächst wenig diskutiert, hat jedoch in den Augen von Eli Pariser eine wesentliche Bedeutung. Durch die algorithmisierte Personalisierung der Inhalte, die man von den Plattformen angezeigt bekommt, beschneide man sich seiner Kreativität, weil neue – einem auf den ersten Blick fremde – Eindrücke, News, Beiträge etc. aus Sicht des Algorithmus nicht relevant für den Nutzer erscheint. Es finde so eine entsprechende Ghettoisierung jedes einzelnen Nutzers statt – eben der Filter Bubble, in der sich jeder bewege. Pariser schreibt hierzu:

„First, the filter bubble surrounds us with ideas with which we’re already familiar (and already agree), making us confident in our mental frameworks. Second, it removes from our environment some of the key prompts that make us want to learn.“ (Pariser, Seite 84)

Mit anderen Worten: Wir befinden uns, so Pariser, in einer „You Loop“:

„You click on a link, which signals an interest in something, which means you’re more likely to see articles about that topic in the future, which in turn prime the topic for you. You become trapped in a you loop (…)“ (Pariser, Seite 125)

Information Junkfood statt ausgewogener Wissens-Ernährung

Parisers Befürchtung ist nun, dass durch die Personalisierung eines jeden Einzelnen der Common Sense für die „großen Themen“ verloren ginge. Dies kann man z.B. an einer Hungerskatastrophe festmachen:

Das Thema sollte prinzipiell jeden etwas angehen, durch das bisherige Klickverhalten und die Filter Bubble würden diese Nachrichten evtl. aber gar nicht zu einem durchdringen. Ja, sogar noch schlimmer durch die Facebook „Like“ Funktion: Freunde empfehlen einem tendenziell emotional positiven Inhalt (halt „Like“) als z.B. über einen „Important“ Button. Pariser wörtlich:

„The filter bubble will often block out the things in our society that are important but complex or unpleasant“ (Pariser, Seite 151)

Mit anderen Worten: Die Gefahr, sich nur noch mit Boulevard-Themen zu befassen, wird immer größer und beginnt, sich selbst über das Klickverhalten zu verstärken.

Der Ausweg aus der Filter Bubble

Nun muss man allerdings nicht resignieren. Es gibt einige Dinge, die man selbst tun kann, um der Filterblase zu entkommen:

  1. Trampelpfade verlassen: Sucht euch regelmäßig neue Seiten, die ihr besucht. Wer immer nur seine drei bis vier Websites täglich aufruft, wird zum einen transparenter und bekommt zum anderen weniger neue Impulse. Ich selbst habe damit angefangen und muss schon nach kurzer Zeit feststellen: Eine Verbreiterung der Mediennutzung ermöglicht neue Perspektiven. Dabei hilft es auch, regelmäßig den Browserverlauf zu löschen.
  2. Cookies regelmäßig löschen: Wer seine Cookies regelmäßig löscht, nimmt den Datensammlern ein wichtiges Instrument der Personalisierung
  3. Opt-Out Verfahren nutzen: Mittlerweile gibt es viele Anbieter, die es erlauben, einen sog. Opt-Out-Cookie zu setzen. Wenn man diese gesetzt hat, wird dieser Rechner für weitere Datensammlungen und gezielte Werbung gesperrt.
Florian

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Florian
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